Pflichtverteidigung

Im Unterscheid etwa zu zivilrechtlichen Gerichtsverfahren sieht das Gesetz für das Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren keine Prozesskostenhilfe vor. Das heißt, der Angeklagte oder Betroffene hat die Kosten seiner Verteidigung grundsätzlich selbst zu tragen. Eine Ausnahme bilden die Fälle einer notwendigen Verteidigung nach § 140 StPO. In diesen Fällen wird für den Beschuldigten ein Pflichtverteidiger bestellt (§ 141 StPO).

Nach § 140 Abs. 1 StPO liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung etwa dann vor, wenn die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Landgericht stattfindet, ferner dann wenn dem Beschuldigten ein Verbrechen (= Taten, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind) zur Last gelegt wird. Auch der sich in U-Haft oder Haftbefindliche Beschuldigte stellt grundsätzlich einen Fall der notwendigen Verteidigung dar.

Nach § 140 Abs. 2 StPO liegt ferner ein Fall der notwendigen Verteidigung vor, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. In der Regel liegt nach dieser Vorschrift ein Fall der notwendigen Verteidigung somit vor, wenn zu erwarten ist, dass eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt wird. Fälle notwendiger Verteidigung nach dieser Vorschrift können z.B. ferner sein, wenn der Beschuldigte ein Ausländer mit Verständigungsschwierigkeiten ist, wenn dem Beschuldigten die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis droht oder einem Berufskraftfahrer die Entziehung der Fahrerlaubnis droht.

Grundsätzlich erfolgt die Bestellung eines Pflichtverteidigers spätestens, sobald dem Beschuldigten die Anklageschrift zugestellt und diesem die Möglichkeit gegeben wird, sich zu den Anklagepunkten zu erklären. Ein Pflichtverteidiger kann aber bereits zuvor im Ermittlungsverfahren bestellt werden, wenn ersichtlich ist, dass ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt. Grundsätzlich kann sich der Beschuldigte den als Pflichtverteidiger zu bestellenden Rechtsanwalt selbst aussuchen. Hierfür wird das Gericht dem Beschuldigten Gelegenheit geben, binnen einer gewissen Frist einen Verteidiger seiner Wahl zu bezeichnen.

Die Kosten des bestellten Pflichtverteidigers werden zunächst aus der Staatskasse getragen. Kommt es zu einem Freispruch, verbleiben die Kosten selbstverständlich bei der Staatskasse. Wird der Angeklagte verurteilt, hat dieser die Kosten der Pflichtverteidigung zu tragen. Diese werden von der Staatskasse gegenüber dem rechtskräftig verurteilten Angeklagten sodann zurückgefordert.